Was bedeutet es, wenn in einer Geschichte ein Falke auftaucht? Also, wenn der Autor das Dingsymbol kennt, dann:
- hat er das mit dem Falken von Giovanni Boccaccio. Denn dieser Autor nutzte in seiner „Falkennovelle“ den Raubvogel als Symbol. Die Geschichte geht so:
Einem verarmten Ritter (Fun Fact: Er hatte sein ganzes Geld für die Brautwerbung verschleudert …) bleibt als einziger Besitz nur noch sein geliebter Jagdfalke. Als nach Jahren die einst Angebetete (für die er sein Geld ausgegeben hat) zum Essen erscheint, serviert er ihr das edle Tier zum Essen, da er nichts anderes mehr hat, das er ihr standesgemäß anbieten könnte. Die Dame war jedoch erschienen, um den für ihren kranken Sohn zu erbitten, der ohne dieses Geschenk nicht genesen könne. Tja, dumm gelaufen! Der Junge stirbt, die Dame erbt sein Vermögen, das sie bisher nur verwaltete, und heiratet als reiche Frau den verarmten Ritter, der somit wider Erwarten DOCH noch zum Ziel seiner Wünsche gelangt.
Der Falke wird somit zum Symbol des zentralen Konflikts der Geschichte. Er läutet den Wendepunkt ein, usw.
Was ist ein Dingsymbol?
Als Dingsymbol oder Falkenmotiv werden in der Literaturwissenschaft leblose Gegenstände, Tiere oder Pflanzen bezeichnet, die in einem literarischen Werk eine zentrale Rolle spielen. Sie sind dann ein Symbol, das tiefere Sinnzusammenhänge abbildet.
Übrigens: Von dieser „Falkennovelle“ ausgehend, formulierte Paul Heyse die Falkentheorie, die besagt, dass jede Novelle ein zentrales Element analog zu Boccaccios Falken enthalten müsse. Später nannte man diesen Fakt dann in der Forschung allgemeiner und schuf den Begriff Dingsymbol. So können nun auch Tiere und Pflanzen für etwas Allgemeines, Symbolhaftes stehen.